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Primarschule Brig-Glis Mitte
Gemeinde Brig-Glis
Offener Architekturwettbewerb
2. Rang / 1. Preis
2024

Bauingenieur: Conzett Bronzini Partner AG, Chur
Landschaftsarchitektur: Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich

Mitarbeit Wettbewerb:
Simon Bearse, Aline Andenmatten, Diana Zenklusen, Stephan Pfeiffer

Das Leitbild «Räumliche Entwicklung Brig-Glis definiert Brig-Glis als eine Stadt aus Altstadt, Dörfern und Weilern mit unüberbauten Flächen. Diese Flächen befinden sich über die ganze Stadt verteilt, begründet durch die auffüllende Entwicklung von Brig-Glis und dem damit entstandenen Zusammenwachsen einzelner Siedlungsteile.
Das Schulhaus Mitte befindet sich im Leitbild definierten «Stadtpark» Brig Glis, einem attraktiven, freiraumbetonten Stadtraum. Durch sorgfältiges Bauen und Verdichten in diesem grünen Stadtraum soll, durch die Ausbildung dieses grünen Puffers, ein gleichförmiges Zusammenwachsen der Siedlung bewusst verhindert werden. Die bereits vorhandenen Grünzonen sollen bewahrt und miteinander vernetzt werden.
Mit dem Projekt «Fliegende Klassenzimmer» wird dieser Freiraum maximal erhalten und aufgewertet, ganz nach dem Leitbild Brig-Glis: «Wenn eine Stadt verdichtet wird, müssen Freiräume gestärkt werden.» Es wird so wenig Land bebaut, wie nur möglich. Die Aussenräume werden aufgewertet, vernetzt, so wie öffentlich zugänglich und nutzbar gemacht. Begegnungs- und Spielräume, sowie Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität, werden geschaffen.

Die stadträumliche Lage des neuen Schulgebäudes ist indifferent und geprägt durch locker gestellte Siedlungsbauten. Eine eindeutige Hierarchie oder freiräumliche Strukturen fehlen.
Die Umgebung des Schulbaus hebt den Neubau aus diesem Umfeld heraus, definiert den Ort neu und stärkt die Grundidee des auf die kraftvolle Landschaft der Umgebung ausgelegten Schulkonzepts.
Der Freiraum teilt sich in zwei, auch landschaftlich, unterschiedlich angelegte Bereiche:

Auf der ‘Bergseite’ markiert eine Baumgruppe mit Sitzbank den einladenden, grosszügigen Eingangsplatz der Schule, der ausserhalb der Schulzeiten auch zur Anlieferung genutzt werden kann.
An diesen Platz ist im Westen auch der lineare Bau der Sportnutzung mit den neu aufgestockten Tagesstrukturen der KiTa und der Schule angegliedert und ermöglicht so kurze Wege zwischen den Einrichtungen.
Im Westen führt ein geschwungener Weg nach Norden und verbindet durch die langen Schwünge barrierefrei den Haupteingang mit dem ein Geschoss tiefergelegenen Vorplatz des Kindergartens und weiter zur Gliserallee.
Zwischen Schulgebäude und dem Weg entsteht ein fast schluchtartiger Raum, der als Schulgarten / Forschergarten für den Biologieunterricht angelegt wird.
Im weiteren Verlauf nach Norden finden sich seitlich des Weges die landschaftlich eingebetteten Spielflächen des Kindergartens.

Südlich des Eingangsplatzes bewegt man sich über eine grüne Treppe auf das untere Niveau der Schulanlage, die ‘Flussseite’. Hier finden sich die Allwetterplätze und eine grosszügige Spielwiese für Ballspiel und freies Spiel in der Pause, gerahmt durch einen geschwungenen Weg.
Baumclumps zonieren die Wiese in Flächen für unterschiedliche Nutzungen, wobei die Clumps selbst als ‘Kletterwald’ oder ‘Schaukelwald’ programmiert werden können.

Gerahmt wird das gesamte Areal durch einen hainartigen, schattenspendenden Filter, der die benachbarte Bebauung ausblendet, jedoch Durchblicke in alle Richtungen ermöglicht.
Während dieser im Bereich der ‘Bergseite’ aus Arven, Lärchen, Eschen, Wildkirschen und Ebereschen in der Artenauswahl auf die nahen Hänge verweist, finden sich in den Hainen der ‘Flussseite’ Ahorne, Pappeln und Weiden als Arten der Schwemmebene. Durch die Vielzahl an neuen Hecken und Bäume entsteht in dem weitgehend strukturschwachen Umfeld auch ein deutlicher Mehrwert für die Artenvielfalt.

Die Umgebung ermöglicht in dieser Form Verschiedenes: sie schafft einen atmosphärisch starken, eigenständigen Ort, dessen Baumrahmen zugleich aus dem Schulbau betrachtet als Vordergrund zu einem Teil der landschaftlichen Inszenierung wird.

Das Raumprogramm gliedert sich in zwei Eingriffe: ein aufgestocktes KITA-Geschoss auf die bestehende KITA aus dem Jahr 2008 und ein verdichtetes 4-geschossiges Gebäude mit zusätzlichem Sockelgeschoss, welches sowohl den Kindergarten als auch die Grundschule beherbergt. Dessen raffiniertes Tragwerk schafft die Voraussetzung für eine lichtdurchflutete unterirdische Sporthalle.
Der Betrieb der bestehenden Kindertagesstätte und des Kindergartens kann während der Bauphase aufrechterhalten bleiben und wird nicht beeinträchtig.

Das leichte, luftige, fast davonfliegende Volumen bettet sich im Osten des neuen Grünraumes ein. Durch das Abstufen des Volumens wirkt die Masse viel kleiner und freundlicher auf die Umgebung. Die Holz-Glas Fassade, mit textilem Sonnenschutz, lässt das Schulhaus hell und einladend wirken. Jedes Klassenzimmer erhält von zwei Seiten maximales, natürliches Licht. Die Klassenzimmer wirken wie fliegende Klassenzimmer zwischen imposanter Bergwelt. Der visuelle Bezug zu den Bergen und der Natur hilft die Kreativität zu entfalten und nachhaltig zu lernen. Die Konzentration wird gefördert.

Die beiden Eingangsfassaden im Süden und im Norden sind um ein Geschoss versetzt. Das Eingangsgeschoss der Primarschule wird über den offenen Pausenplatz vom Kirchweg her erschlossen. Ein ausladendes Vordach bildet eine einladende Geste vor dem Eingang. Über das Foyer mit Treppenhaus gelangt man in die Hauptklassencluster mit jeweils 4 Klassenräumen und zusätzlichem Gruppenraum und Lernzone, welche sich vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss erstrecken. Die Erschliessungsflächen mit Garderobe lassen sich als erweiterte Unterrichtsfläche für die Klassenzimmer nutzen. Diese Lernlandschaft ermöglicht einen zeitgemässen Unterricht.
Wenn die Kinder älter werden, steigen sie im Sinne des intellektuellen und physischen Fortschritts durch das Gebäude nach oben. Die weniger oft besuchten Werkräume befinden sich im obersten Geschoss. Hier sind auch die Spezialzimmer angeordnet, welche von einem ruhigen und abgeschiedenen Lernumfeld profitieren. Im südseitigen Erdgeschoss befindet sich zudem ein großzügiger Lehrer- und Verwaltungsbereich.
Der Zugang zum Kindergarten befindet sich hangabwärts im Norden in einem vielfältigen Grünraum. Die Kindergartenzimmer sind alle ebenerdig angeordnet. Diese ermöglichen einen direkten Kontakt der Kinder zum Aussenraum – im Westen auf den offenen Parkraum und im Osten in einen dicht bewachsenen Grünraum. Die Aussenbereiche sind von den Haupträumen gut überblickbar.
Die unterirdische Turnhalle wird von Westen über den Park erschlossen. Durch ein grosszügiges Foyer gelangt man in die geheimnisvoll, lichtdurflutete Unterwelt.

Die Klassenräume haben alle eine zweiseitige Orientierung hinauf zu den Bergen, sowie Tal auf- oder abwärts. Im Sinne der Gleichbehandlung wird dieser Grundsatz konsequent für jedes Klassenzimmer eingehalten. Über die verglasten Innenecken wird das Tageslicht in die zentralen Lernhallen geführt. Diese stehen einem Cluster von vier Klassenzimmer und einem Gruppenraum zur Verfügung stehen.

Zentraler Teil des Tragwerks ist der fachwerkartige Trägerrost, der die Turnhalle mit grossen Spannweiten überbrückt. Dank der fünf Geschosse ergibt sich ein komfortables Verhältnis von Trägerhöhe zu Spannweite mit vergleichsweise geringen Kräften. Die unterste Decke und das Dach wirken als Gurte der Fachwerke; die Diagonalen bestehen aus vorfabrizierten Streben in hochfestem Beton. Damit lässt sich die Betonkubatur minimieren. Zur Gewährleistung der Brandsicherheit wird die Betonmischung mit Fasern versehen, die ein Abplatzen der Betonüberdeckung bei grosser Hitze verhindern. Auf Zug beanspruchte Stäbe besitzen Vorspann-Hüllrohre, die bei den Geschossdecken einfach zu stossen sind und in die nach Abschluss der Rohbauarbeiten Spannlitzen eingezogen werden. Nach dem Spannen werden sie von unten her injiziert. Schliesslich bildet das ganze Gebäude konstruktiv einen Monolithen. Die Fachwerke tragen die Lasten normalerweise in zwei Richtungen ab. Je nach Nutzung ergeben sich einzelne leere Felder, die unproblematisch sind, solange jeder Knoten über mindestens einen Strebenzug zu einem Auflager verfügt. Die unterschiedlichen Gurtkräfte bei asymmetrischen Fachwerken werden über die grosse horizontale Steifigkeit der Deckenscheiben ins Gleichgewicht gebracht. Die mit Diagonalen versteiften Fachwerke über dem Untergeschoss als steife Kiste sorgen auch für eine hervorragende Erdbebensicherheit des Gebäudes.